28.03.2024

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Schadenersatzklage abgewiesen

(bro) (aal) Durch das Urteil vom 28. Juni 2017 hat das Landgericht Heidelberg - 12. Kammer für Handelssachen - die Schadenersatzklage der Gelita AG in Höhe von 29 Millionen Euro gegen zwei Vorstandsmitglieder und vier Aufsichtsräte sowie in Höhe von 39 Millionen Euro gegen den Mehrheitsaktionär im Zusammenhang mit der Veräußerung der Beteiligung an der R. P. Scherer GmbH & Co. KG Anfang 2012 abgewiesen.

Die Gelita AG ist eine Familiengesellschaft, in der in der Vergangenheit im Wesentlichen drei Familienstämme insgesamt ca. 96 Prozent der Aktien hielten.

Mit den Stimmen der Aktionäre eines Familienstammes wurde ein besonderer Vertreter für die Gelita AG bestellt, um Ansprüche gegen den Vorstand und den Aufsichtsrat sowie den jetzigen Mehrheitsaktionär geltend zu machen. Er wirft den Beklagten vor, die Beteiligung von ca. 49 Prozent an der R. P. Scherer GmbH & Co. KG im Jahr 2012 weit unter deren Wert in Höhe von mindestens 80 Millionen Euro zu einem Verkaufspreis von 43 Millionen Euro an den weiteren Mitgesellschafter Catalent veräußert zu haben. Hintergrund sei gewesen, dass man im gemeinsamen Zusammenwirken aller oder zumindest einzelner der Beklagten dem heutigen Mehrheitsaktionär Mittel für den Kauf eines Teils der Aktien eines anderen Familienstammes habe verschaffen wollen, damit dieser die Mehrheit in der Gesellschaft erlange. Diese Mittel seien ihm durch die Ausschüttung einer Sonderdividende, die für alle Aktionäre in Höhe von insgesamt ca. 59 Millionen Euro beschlossen wurde, zugeflossen.

Die Gelita AG klagte bereits im Jahr 2015 einen Teil des nach ihrer Auffassung entstandenen Schadens in Höhe von 10 Millionen Euro gegen zwei Vorstände und vier Aufsichtsräte ein. Diese Teilklage ist mit Urteil des Landgerichts Heidelberg vom 26. August 2016 abgewiesen worden. Derzeit hat das Oberlandesgericht Karlsruhe über die Berufung der Gelita AG gegen dieses klageabweisende erste Urteil zu entscheiden. Die vorliegende Klage betrifft den Rest des Schadens. Sie bezieht auch erstmals den Mehrheitsaktionär ein, der auf den Gesamtschaden in Anspruch genommen wird.

Die Beklagten führen hingegen aus, dass der Aktienkauf durch den Mehrheitsaktionär und der Verkauf der Beteiligung an der R. P. Scherer GmbH & Co. KG nichts miteinander zu tun hätten. Der Verkauf der Beteiligung sei in Verfolgung der schon im Jahr 2010 beschlossenen Ausrichtung der Klägerin auf ihr Kerngeschäft erfolgt. Der Verkaufspreis bilde den Wert der Beteiligung zutreffend ab. Die dem Vorstand und Aufsichtsrat hierzu vorliegenden Informationen seien ausreichend und richtig gewesen. Darüber hinaus seien begleitend - für die Klägerin vorteilhafte - Verträge geschlossen worden. Finanzinteressen des heutigen Mehrheitsaktionärs oder Eigeninteressen der Vorstände und Aufsichtsräte hätten keine Rolle bei ihrer Entscheidung gespielt.

Die 12. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Heidelberg hat die Klage abgewiesen. Sie sieht keine Pflichtverletzungen der Vorstände und Aufsichtsräte im Rahmen der Unternehmensführung. Auch der Mehrheitsaktionär haftet nach Ansicht der Kammer nicht. Das Gericht ist aufgrund der mündlichen Verhandlung und umfangreicher Unterlagen aus Vorstands- und Aufsichtsratssitzungen davon überzeugt, dass weder alle Beklagten noch einzelne von ihnen zusammenwirkten, um durch den Verkauf der Beteiligung an der R. P. Scherer GmbH & Co. KG dem jetzigen Mehrheitsaktionär den Kauf weiterer Aktien zu ermöglichen. Auch durch eigene Interessen der Vorstände und Aufsichtsräte etwa an einer höheren Vergütung ist der Verkauf der Beteiligung nach den Feststellungen der Kammer nicht motiviert gewesen. Das Gericht sieht vielmehr unternehmerische Interessen als ausschlaggebend an.

Soweit die Klägerin darüber hinaus auch Schadensersatz für den Fall fordert, dass die Beteiligung an der R. P. Scherer GmbH & Co. KG zu ihrem Marktwert verkauft wurde und in der anschließenden Ausschüttung der Dividende ein Schaden der Gelita AG zu sehen sei, hat die Kammer die Klage als unzulässig abgewiesen. Insoweit ist die Klägerin nach Rechtsauffassung des Gerichts nicht ordnungsgemäß vertreten, weil der besondere Vertreter zur Geltendmachung eines solchen auf die Sonderdividende bezogenen Anspruchs nicht durch die Hauptversammlung bestellt war.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die klagende Gelita AG kann innerhalb einer Frist von einem Monat ab Zustellung der bereits vorliegenden schriftlichen Urteilsgründe Berufung einlegen.

28.06.17

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